Didaktisches Design von videobasierten Selbstlernangeboten
Visualisierung und Sprache
Insbesondere Lehrfilme, Erklärvideos und auch Tutorials leben von Grafiken, Visualisierungen und dem Vorzeigen von Handlungen. Hinzu kommen sprachliche Erläuterungen.
Visualisierungen
Die Kognitive Theorie des multimedialen Lernens (Mayer und Fiorella 2014) ist empirisch gut belegt. Viele der Prinzipien sind auf Lernvideos übertragbar. Das Multimedia-Prinzip besagt zum Beispiel, dass eine Kombination aus Bild und Text zu besseren Lernergebnissen führt als reiner Text. Dieser Effekt verstärkt sich noch, wenn anstelle eines schriftlichen Textes ein gesprochener Kommentar verwendet wird. Bildhafte Visualisierungen mit gesprochener Sprache zu unterlegen, ist lernwirksamer als die Kombination von stark textlastigen Darstellungen mit einem Audiokommentar. Weitere Informationen dazu kannst du auf der Seite Lernpsychologischer Blickwinkel im Modul «Digital Skills für Videos in der Hochschullehre» nachlesen und nachschauen.
Deshalb sollte man besonders in Slidecasts anstelle von Folien mit viel Text Bilder oder Zeichnungen verwenden. Dieses Prinzip gilt grundsätzlich für alle Präsentationen. Die einzelnen Slides dienen der Orientierung, beinhalten aber nie den gesamten Sprechertext, sondern nur Stichworte und wenige wichtige Punkte. Deshalb solltest du dir über die Inszenierung deiner Power-Point-Präsentation Gedanken machen.
Zusätzlich zu sprachlichen Signalen wie Pausen oder Betonungen (Stimme als Instrument) gibt es im Video die Möglichkeit, zentrale Stellen visuell hervorzuheben. Wie beim Bearbeiten eines Fachtextes können relevante Aussagen gekennzeichnet werden, sei es durch Markierungen, Unterstreichungen oder entsprechende Symbole.
Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Lernerfolg grösser ist, wenn Visualisierungen und Grafiken Schritt für Schritt gezeichnet beziehungsweise aufgebaut und kommentiert werden, als wenn Dozierende eine fertige Grafik kommentieren. Die Legetechnik oder animierte Erklärvideos unterstützen das (Mayer, Fiorella und Stull 2020, 841 f.). Guo, Kim und Rubin (2014) halten fest, dass die Beteiligung der Lernenden bei Tablet Captures signifikant höher ist als bei Slidecasts.
Für Talking-Head-Videos eignen sich transparente Whiteboards (Lightboards) besser als Whiteboards oder Flipcharts neben oder hinter der Dozentin oder dem Dozenten. Wenn die Erklärenden hinter einer Glaswand stehen, können sie beim Schreiben oder zeichnen direkt in die Kamera schauen. Sie müssen sich nicht umdrehen und können den Blick schnell entweder auf die Tafel oder das Publikum lenken (Fiorella et al. 2019a, b).
Sprache
Vor der Kamera zu stehen und einen Lerninhalt zu präsentieren, ist eine Fähigkeit, die nach und nach erlernt werden muss. Gute Dozierende sind nicht automatisch gute Darsteller in Lernvideos.
Um den Studierenden zu zeigen, dass das Video tatsächlich für sie gemacht wurde, wählt man die direkte Ansprache mit du oder Sie. Das wirkt persönlicher als die Verwendung der 3. Person. Guo, Kim und Rubin (2014) empfehlen, dass die Lehrperson enthusiastisch und schnell sprechen sollte. Eine übertrieben langsame und monotone Sprache ist nicht gewünscht.
Idealerweise bettet man die zu vermittelnden Informationen in eine spannende und emotionale Geschichte ein. Mit Storytelling lassen sich authentische Probleme aufwerfen und mithilfe eines Videos veranschaulichen (Buchner 2019, 5).
Perspektive
Werden in einem Erklärvideo handwerkliche Fertigkeiten oder bestimmte Tätigkeiten gezeigt, ist die Perspektive entscheidend. Die Ich-Perspektive (die Kamera ist hinter der Schulter des Dozierenden platziert) ist dabei besser, als wenn von vorne gefilmt wird. Die Lernenden sind so näher am Geschehen, müssen nicht umdenken und können die Handlungen besser nachvollziehen (Mayer, Fiorella und Stull 2020, 841 f.).
- Enthalten meine Folien für Slidecasts möglichst wenig Text? Wo kann ich einzelne Passagen kürzen und sinnvoll mit Bildern ergänzen oder ersetzen?
- Baue ich Grafiken wo möglich schrittweise auf, während ich sie kommentiere?
- Verwende ich wo passend Tablet Captures oder Realdrehs anstatt oder ergänzend zu Slidecasts?
- Spreche ich mit Enthusiasmus, aber trotzdem nicht zu schnell?
- Nutze ich bei Tutorials die richtige Perspektive und zeige Tätigkeiten oder Handgriffe aus Sicht der ausführenden Person?
- Wähle eine deiner Präsentationen und kontrolliere, ob sie den Gestaltungskriterien entspricht.
- Verbessere deine Folien wenn nötig.